Pferde verstehen – Über die Natur des Pferdes
Auf diesem Gemälde des bekannten Malers Georg Stubbs – er gehörte übrigens zu den ersten Malern, die das Pferd in anatomisch korrekter Weise bzw. perfekte anatomische Darstellungen des Pferdes zeigten – wird unübersehbar deutlich, wie hilflos und wehrlos ein Pferd ist, das nicht schnell genug fliehen konnte.
Auch bei unseren Hauspferden, die niemals auch nur annähernd in die Nähe eines Löwen oder eines vergleichbaren Raubtieres gekommen und geradezu behütet aufgewachsen sind, ist diese Urangst vor dem „Hilflos-ausgeliefert“ sein noch fest verankert. Aus diesem Grund sind unsere Pferde ständig auf der Hut und „scannen“ ihre Umwelt fortwährend auf potentielle Gefahren, um nicht in eine ähnliche Situation wie das arme Pferd auf dem Gemälde zu geraten.
Wenn wir mit Pferden umgehen wollen, wenn wir Pferde wirklich verstehen wollen, müssen wir uns stets vor Augen führen, dass das Pferd von Natur aus mit der ständigen Angst vor einem lauernden Raubtier lebt und sich dementsprechend verhält. Es hat keine andere Wahl, als ständig darauf bedacht zu sein, einen günstigen Augenblick zur Flucht zu ergreifen, um nicht zur leichten Beute zu werden.
Pferde können mit ihren auf das Fressen von Pflanzen spezialisierten Zähnen nur quetschen und nicht reißen. Sie sind zwar in der Lage auch härtere Tritte auszuteilen, die durchaus einen Löwen oder ein anderes Raubtier gleichen Kalibers kurzzeitig ausschalten können, wenn sie gut platziert werden. Aber den Pferden fehlt es beim Treten bzw. Ausschlagen an Präzision und Zielsicherheit. Deshalb ist die Flucht wirklich der beste Schutz, den das Pferd hat, um sein Leben zu bewahren.
Das Pferde sich im Laufe der Evolution zu Herdentieren entwickelt haben, ist kein Zufall gewesen, sondern auch auf die ständige Bedrohung durch Raubtiere zurückzuführen: Als pflanzenfressender Weidegänger muss das Pferd fortwährend fressen – vor allem in den kalten und rauen Monaten des Jahres. Ein Pferd, das auf sich selber aufpassen muss, findet keine Zeit zur ausreichenden Nahrungsaufnahme. Innerhalb der Herde kann es hingegen in Ruhe fressen oder ausruhen, während seine Artgenossen Ausschau nach potentiellen Gefahren halten.